Blinddarmentzündung Grundlagen (vereinfachte Darstellung)Schon die deutschsprachige Namensgebung “Blinddarmentzündung” ist eigentlich falsch. Unter Blinddarm versteht der Mediziner den erstenTeil des Dickdarms, das Caecum. Dort wo derDünndarm in den Dickdarm mündet, hat derDickdarm eine “blinde” Aussackung nach unten.Dort beginnt eine Struktur die sich lateinischAppendix vermiformis (l=wurmförmigerAnhang) nennt, der Wurmfortsatz.Die Entzündung dieses Wurmfortsatzes, dieAppendicitis, ist mit die häufigste Ursache für einen akuten Bauchschmerz im rechten Unterbauch (vor allem im Kindes- und Jugendalter).Ursache für die Entzündung ist eine Besiedlung mitKrankheitserregern (auch Würmern), eine Verstopfungdes “Innenraumes” mit Kot oder Speiseresten.Während die anderen Anteile des Darmes eine sehrgute Durchblutung aufweisen, besitzt der Wurmfortsatznur eine kleine Schlagader zur Blutversorgung. Wirddiese in den Entzündungsprozess mit einbezogen unddamit die Durchblutung gestört, “stirbt” der Wurmfortsatzab, es kommt zur Wandzerstörung und zumDurchbruch (Perforation). Somit haben Darmbakteriendirekten Zugang zum Bauchinnenraum, es entstehtunter Umständen eine schwere Bauchfellentzündung.Die Häufigkeit einer Appendicitis beträgt in der westlichen Welt ca. 100 Erkankungen auf100.000 Einwohner pro Jahr. Das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Appendicitis zu erkranken beträgt ca. 7 - 8 %. Eine Blinddarmentzündung kann in jedem Alter auftreten,am häufigsten jedoch zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr. Die Diagnosestellung gestaltet sich häufig schwierig, da viele andere Erkrankungen die gleichenSchmerzen auslösen können. Der typische Verlauf beginnt mit Übelkeit und Druck im Oberbauch,die Schmerzen “wandern” dann relativ schnell in den rechten Unterbauch. Eine Appendicitiserzeugt meist Übelkeit und Erbrechen, der Darm ist eher gelähmt. Durchfälle sind daher äußerstseltene Begleiterscheinungen dieser Erkrankung.Die Diagnostik beginnt mit einer körperlichen Untersuchung, der Bauchraum wird abgetastet undhäufig finden sich an ganz typischen Stellen im rechten Unterbauch die “klassischen” Schmerzen.Aber schon dabei beginnt das Problem, der Wurmfortsatz befindet sich nicht immer an dertypischen Stelle. Fieber ist bei Blinddarmentzündungen im Kinder- und Jugendalter häufig, aberauch nicht zwingend. Bei den Blutwerten konzentriert sich die Medizin bei der Diagnostik aufdie Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und einen Indikator für chronischeEntzündungen, das C-Reaktive Protein (CRP). Sind diese Laborwerte erhöht wird bei typischenSchmerzen eine Appendicitis wahrscheinlich. Doch Vorsicht; auch bei einer Magen-Darm Grippe,bei Entzündung der Eierstöcke (Adnexitis), bei Gallenblasenentzündung und vielen anderenErkrankungen können diese Werte erhöht sein. Auch “geplatzte” (rupturierte) Eierstockcysten können ähnliche Symptome und Laborwerte hervorrufen.Eine bedeutende Verbesserung in der Diagnostik ist heutzutage die Ultraschalluntersuchung. Ist der Wurmfortsatz nicht durch Darmschlingen verdeckt, der Patient nicht deutlich übergewichtig, kann die Appendix vermiformis im hochauflösenden Ultraschall häufig nachgewiesen werden.(Bild oben: Appendicitis, Wurmfortsatz nach oben hochgeschlagen, rechts: Umrisse nachgezeichnet).“Erwischt” man den entzündeten Wurmfortsatz quer, entsteht im Ultraschall das Bild einerZielscheibe (Target-Phänomen).Bei der Diagnostik einer Blinddarmentzündung verfolgt der Arzt zwei Ziele. Einerseits versucht man das Vorliegen einer Appendicitis auf direktem Weg zu beweisen, andererseits werden parallel dazu alle Erkrankungen ausgeschlossen, die ähnliche Beschwerden hervorrufen können.In Ausnahmefällen hilft eine Computer-Tomographie des Bauchraumes. Wegen der Strahlen-belastung versucht man allerdings, diese Untersuchung zu vermeiden.Ziel der Diagnostik ist, bei Vorliegen einer Appendicitis rechtzeitig zu operieren. Ein ebensowichtiges Qualitätsziel ist, unnötige Operationen zu vermeiden.
Nach links liegender “Blinddarm”; exakt: Wurmfortsatz, Appendix vermiformis
Dickdarmpräparat: Dünndarm, Blinddarm (Caecum) und Wurmfortsatz